DSA-Bericht

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Bericht von der Schülerakademie

Vom 20. Juli bis zum 5. August bin ich in den Ferien in Waldenburg, einem kleinen sächsischen Ort, und nehme dort an der dortigen Deutschen Schülerakademie (DSA) 2023 teil, veranstaltet von der gemeinnützigen GmbH Bildung & Begabung, die hier in Bad Godesberg ihren Sitz hat. Veranstaltungsort ist das Europäische Gymnasium Waldenburg, ein altes Schulgebäude mit einem Neubau, in dem normalerweise die Zimmer der Internatsschüler untergebracht sind – nun sind wissbegierige Schülerinnen und Schüler aus allen Landesteilen und vereinzelt sogar aus dem Ausland in diese Gemächer gezogen.

Knapp 100 Menschen sind es, die hier nun an der DSA beteiligt sind: die Schüler, ungefähr 15 je Kurs; die Kursleiter, zwei je Kurs; und die Akademieleitung. Es gibt sechs Kurse, deren Themenspektrum von der Analysis bei der Beschreibung von Krankheitsverläufen bis hin zu den Alpen in der Literatur reicht; ich selbst bin im Kurs „Philosophie: Kunst oder Wissenschaft?“ eingeschrieben. Leiter der Akademie Waldenburg ist niemand geringeres als der Soziologe Hartmut Rosa, den wir nicht nur als genialen Analytiker der Gegenwartskrise, sondern auch als humorvollen Heavy-Metal-Liebhaber und ausdauernden Tischtennisspieler kennen. Tatkräftig stehen ihm seine Assistentin Lisa und Laufbursche Vesco zur Seite.

Der Tag beginnt mit eine kaffeereichen Frühstück – Schlaf wurde im Allgemeinen nicht hoch bewertet – und dem gemeinsamen Plenum in der Aula der Schule. Dazu werden wir stets mit den weckenden Klängen des Rock-Songs Beds Are Burning (1987) von Midnight Oil sowie mit den „Fotos des Tages“ vom Vortag empfangen. Gemeinsam bringt man sich auf den Stand der Dinge, der vorläufige Tagesplan wird vorgestellt, Auszeichnungen verliehen und (humorvolle) Rügen erteilt. Mit einem Energizer werden wir in die erste Kursschiene entlassen, die auch eine weitere Kaffeepause enthält. (Nie habe ich in meinem Leben mehr Kaffee getrunken als in diesen zwei Wochen in Waldenburg.)

Das Thema meines Kurses ist kein leichtes: Es geht um die Bestimmung der Philosophie als menschlicher Praxis. Denn die Philosophie hat sowohl Merkmale der Wissenschaft – Anspruch auf Objektivität, heuristische Argumentation, Bezug auf die Welt – als auch Merkmale der Kunst – Subjektivität, Fortschrittslosigkeit, Uneinigkeit, Normativität. Tendenziell müssen wir der Philosophie nach diesen zwei Wochen eine größere Nähe zur Kunst zusprechen als zuvor gedacht.

Mittags und abends, nach der zweiten Kursschiene am Nachmittag, ist Zeit für kursübergreifende Aktivitäten (KüAs). Wer immer will, kann in dieser freien Zeit eine beliebige Aktivität anbieten, sei es Kampfsport, Schach, Orgelspielen oder konkrete Poesie. All das und vieles mehr ist ein offenes Angebot, ist aber nicht verpflichtend, sofern man nicht beim Chor oder Orchester eingetragen ist. Ich persönlich verschlafe die Mittage oft, um nachts aktiv sein zu können; oder genieße einfach freie Zeit allein oder mit anderen.

Diese grundlegende Struktur wird immer wieder zugunsten schöner Aktionen unterbrochen, darunter eine Exkursion, ein Spieleabend, ein Abschlusskonzert und zwei (alkoholfreie) Parties. Im Laufe der Zeit findet man seine Clique, ohne darüber die Offenheit gegenüber Unbekannten und Kursfremden zu vergessen, und wächst über der gemeinsamen Arbeit, den täglichen Ritualen und langen nächtlichen Gesprächen zusammen.

Leider kann ich nicht wirklich behaupten, viele philosophische Impulse von der DSA mitgenommen zu haben, und auch mit der Arbeit meiner Kursleiter war ich nicht immer zufrieden. Trotzdem kann ich sie eigentlich jedem und jeder Interessierten empfehlen. Die Hauptsache dieser Erfahrung war für mich der Umgang mit klugen, ambitionierten Gleichaltrigen in einer äußerst angenehmen Atmosphäre, hoffentlich eine Vorausahnung des baldigen Studiums. Und ich habe dabei ein paar Freunde gefunden, zu denen der Kontakt auch weiterhin besteht.

Bonn, im September 2023.